Produktion
Unser internationales, markenübergreifendes Produktionsnetzwerk deckt sämtliche Prozessschritte vom Lieferanten zur Fabrik und zur Montagelinie sowie von der Fabrik zum Handel und zum Kunden ab. Voraussetzung für unsere Wettbewerbsfähigkeit ist dessen dauerhafte Effizienz. Um den Herausforderungen der Zukunft begegnen zu können, setzen wir auf ganzheitliche Optimierungen, zukunftsgerichtete Innovationen, robuste Lieferströme und Strukturen sowie Flexibilität im Produktionsnetzwerk. Im Geschäftsjahr 2023 lag die weltweite Fahrzeugfertigung des Volkswagen Konzerns inklusive der chinesischen Joint Ventures mit 9,31 Mio. Fahrzeugen um 6,8 % über dem Vorjahreswert. Die Produktivität nahm im Vergleich zum Vorjahr inklusive der chinesischen Joint Ventures um 2,5 % zu.
Sowohl der Teilemangel als auch die Unterbrechungen von Lieferketten, zuletzt ausgelöst durch das Hochwasser in Slowenien, hatten 2023 Produktionseinschränkungen im Volkswagen Konzern zur Folge. Zum Ende des Berichtsjahres entspannte sich die Versorgungs- und Produktionssituation.
Produktionsstrategie one.PRODUCTION
Die Produktion unterstützt die Konzernstrategie NEW AUTO mit ihrer Funktionalbereichsstrategie one.PRODUCTION. Wir schärfen den Fokus bei der Transformation unserer Produktion und Logistik und verfolgen dabei die Zielsetzung, den Aufwand zu minimieren, die Prozesse zu verschlanken und das Team zu stärken.
Übergreifendes Ziel ist es, die Produktivität und die Profitabilität zu steigern. Das ermöglicht uns, Produkte mit hoher Qualität und hohem Kundennutzen zu wettbewerbsfähigen Kosten in unseren Standorten zu fertigen. Durch die markenübergreifende inhaltliche Ausrichtung unserer Aktivitäten wollen wir die Kräfte und Potenziale unserer weltweiten Fertigung und Logistik markenübergreifend bündeln und somit Synergien erschließen.
Unser Strategieprozess basiert auf einer Szenarienmethodik. Damit einhergehend wird die strategische Ausrichtung der Produktion revolvierend auf Aktualität überprüft und bildet den inhaltlichen Rahmen für die Fokus-Themen des jeweiligen Jahres. Sie reichen von Themen rund um den Menschen, beispielsweise in Form von Kompetenzprognosen, über effiziente und resiliente Prozesse, die Absicherung des Erreichens von Kostenzielen bis hin zu Digitalisierung und Umwelt sowie dem Produktions- und Logistiknetzwerk.
Globales Produktionsnetzwerk
Das Produktionsnetzwerk des Konzerns erstreckt sich über 115 Produktionsstandorte einschließlich unserer chinesischen Joint Ventures. 70 Standorte davon sind fahrzeugproduzierende Werke. Eine Standardisierung der Produktion mit einheitlichen Produktkonzepten, Anlagen, Betriebsmitteln und Fertigungsprozessen innerhalb einer Produktfamilie ist ein wesentlicher Faktor unserer zukunftsorientierten Fertigung. Wir entwickeln unsere Produktionskonzepte stetig weiter, richten sie auf neue Technologien aus und wollen dabei ambitionierte Ziele in den einzelnen Projekten realisieren. Dem Volkswagen Konzern ist 2023 in einem herausfordernden Umfeld der Anlauf von 44 Fahrzeugprojekten gelungen, davon waren 16 neue Produkte beziehungsweise Produktnachfolger sowie 28 Produktaufwertungen oder Derivate.
Die flexiblen Produktionskapazitäten auf Basis unserer Plattformen bieten die Möglichkeit, auf sich verändernde Marktanforderungen zu reagieren, das Produktionsnetzwerk bedarfsgerecht auszulasten sowie markenübergreifend Synergien durch Mehrmarkenstandorte zu realisieren. Von den 45 fahrzeugbauenden Produktionsstandorten für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge sind bereits fast die Hälfte Mehrmarkenstandorte. Musterbeispiele im Konzern sind hierfür die Standorte Bratislava und Zwickau. In Bratislava werden Fahrzeuge der Marken Volkswagen Pkw, Škoda, Audi und Porsche auf gemeinsamen Plattformen des Modularen Längsbaukastens (MLB) und des Modularen Querbaukasten (MQB) gefertigt. In Zwickau fertigen wir derzeit Fahrzeuge der Marken Volkswagen Pkw, Audi und CUPRA auf gemeinsamen Plattformen des Modularen E-Antriebs-Baukastens (MEB).
Der Volkswagen Konzern verfolgt mit der Konzernstrategie NEW AUTO das Ziel, ein weltweit führender Anbieter nachhaltiger Mobilität zu werden. Dabei stehen innovative, effiziente, nachhaltige und kundenorientierte sowie auf profitables Wachstum fokussierte Mobilitätslösungen im Vordergrund. Eine Grundlage hierfür war die Einführung des MEB. Mit ihm ergänzen wir unser Angebotsportfolio um weitere batterieelektrische Fahrzeuge. Seit 2019 werden in Zwickau – dem ersten vollelektrifizierten Standort des Volkswagen Konzerns – batterieelektrische Fahrzeuge wie beispielsweise der ID.3 der Marke Volkswagen Pkw auf Basis des MEB gefertigt. Ab dem Jahr 2021 wurde das Portfolio der MEB-Plattform in Zwickau durch den CUPRA Born, den Audi Q4 e-tron und den ID.5 von Volkswagen Pkw erweitert. Seit 2023 wird der Volkswagen ID.7 auch auf der MEB-Plattform in Emden gefertigt. Des Weiteren kommt für Premium- und Sportmarken die rein elektrische Plattform Premium Plattform Elektrik (PPE) zum Einsatz, um markenübergreifende Synergien in der Fertigung zu heben. Damit wurden zum Jahresende 2023 im weltweiten Produktionsnetzwerk an 18 Standorten Elektrofahrzeuge produziert.
Neue Technologien und Digitalisierung
Im Rahmen der one.PRODUCTION Strategie hat die Konzern Produktion mit dem Ansatz des „Operating System 2030+“ ein markenübergreifendes Zielbild für die Fabrik der Zukunft entwickelt. Die Digitalisierung in Richtung autonomer Fabrik ist als wichtige Dimension und Grundvoraussetzung verankert. Die digitale Transformation ist damit prägend für die zukünftige Weiterentwicklung unserer Prozesslandschaft sowie des Datenökosystems. Der damit einhergehende Umbau beinhaltet die Umstellung auf eine wertstrom- und produktorientierte Softwareentwicklung innerhalb des Konzerns, was Fokus und Geschwindigkeit bei der Umsetzung von Lösungen stärkt. Insgesamt stehen bereits mehr als 69 neue Applikationen für den Einsatz in den Produktions- und Logistikprozessen zur Verfügung. Beispiele erstrecken sich von virtuellen Trainings für neue Fahrzeuganläufe, Identifizierung und Umsetzung von Energieeinsparpotenzialen bis zum Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Disposition bei der Teileversorgung. Die Applikationen werden über die gemeinsam mit dem strategischen Partner Amazon Web Services (AWS) entwickelte Digitale Produktionsplattform (DPP) in mittlerweile über 40 Werken ausgerollt.
Im Jahr 2023 hat Volkswagen das eigene Engagement für Catena-X, den ersten offenen und kollaborativen Datenraum für die Automobilindustrie, weitergeführt. Mit Catena-X gestaltet Volkswagen gemeinsam mit anderen Herstellern und Zulieferern weltweit die Zukunft der automobilen Lieferkette. Ziel ist es, ein globales Daten-Ökosystem für die Automobilindustrie mit gemeinsamen Werten in Bezug auf Kollaboration, Datensouveränität, Vertrauen und Kooperation aufzubauen. Materialrückverfolgbarkeit, übergreifendes Bedarfs- und Kapazitätsmanagement sowie umfängliche Engpasssteuerung sind Beispiele dafür, wie die Leistungsfähigkeit unserer Werke gesteigert und auch zukünftige Anforderungen der Lieferkette erfüllt werden sollen. Erste Anwendungen im Bereich Partnerdatenmanagement in der Lieferkette sind 2023 eingesetzt worden. Weitere Lösungsansätze für beispielsweise Qualitätskreisläufe und Materialengpasssteuerung sollen 2024 folgen.
Im Volkswagen Konzern werden digitale und innovative Technologien systematisch validiert und deren Einsatz für die Produktion und Logistik pilotiert sowie ausgerollt. Dadurch sollen sich Kostenpotenziale in der Wertschöpfungskette, flexiblere Umsetzungsmöglichkeiten und Qualitätsverbesserungen realisieren lassen. Die digitale Transformation in der Produktion und der Logistik hat das Ziel, die gesamte Prozesskette zu vereinfachen, neue Technologien bestmöglich einzusetzen und autonome Abläufe zu etablieren. Innovationsfelder lagen 2023 unter anderem im Bereich Computer Vision, Augmented Reality, Process Mining, AI Robotics sowie die sogenannte „Generative Künstliche Intelligenz“ (GenKI). Auf Basis der von Volkswagen selbst entwickelten Computer-Vision-Plattform wird beispielsweise künstliche Intelligenz unter anderem für komplexe Bildprüfungen in der laufenden Produktion genutzt und markenübergreifend kontinuierlich an weitere Standorte übertragen. Darüber hinaus werden die Einsatzmöglichkeiten von GenKI fachbereichs- und markenübergreifend bewertet und getestet.
Zero Impact Factory
Mit der Funktionalbereichsstrategie one.PRODUCTION planen wir die Produktion von morgen. Ressourceneinsatz und Emissionen der Standorte des Volkswagen Konzerns erfordern dabei besondere Aufmerksamkeit. Im Programm „Zero Impact Factory“ entwickeln wir konkrete Schritte hin zu einer nachhaltigeren Produktion. Die Vision dahinter ist eine Fabrik ohne negative Auswirkungen auf die Umwelt. Seit 2022 wenden die Marken die dafür entwickelten Messmethoden und Steuerungsinstrumente an. Diese ermöglichen uns das Erfassen und Reduzieren der quantitativen Umweltauswirkungen unserer Produktionsstandorte insbesondere in den Handlungsfeldern Klimaschutz und Energie, Emissionen, Wasser und Abfall. Zusätzlich im Fokus stehen auch qualitative Aspekte wie das Erscheinungsbild unserer Fabriken, unser Engagement für die Biodiversität, der Schutz von Böden, ein funktionierendes Umwelt-Compliance-Management, die Verbesserung unserer Ressourceneffizienz sowie ein umweltfreundliches Mobilitätsmanagement für Mitarbeiter- und Gütertransport. Im Jahr 2023 wurde ein weiterer wichtiger Meilenstein erreicht: Im Rahmen einer internen Erprobungsphase werden an allen Standorten zur Fertigung von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen nun 22 quantitative Umweltindikatoren – zum Beispiel CO2-Emissionen, Lösemittelemissionen, Frischwasserbedarf, Abwasserfrachten und verschiedene Abfallarten – gemessen und entsprechend ihrer Umweltrelevanz in sogenannte Impact Points umgerechnet. Dadurch können die Umweltwirkungen untereinander verglichen und Reduktionsmaßnahmen gezielt dort angewendet werden, wo sie die größte positive Wirkung für die Umwelt haben. 143 weitere Umweltkriterien überprüfen wir mit der sogenannten Site Checklist kontinuierlich im Hinblick auf ihren Umsetzungsstatus. Beispiele hierfür sind Projekte und Maßnahmen zum Erhalt der Biodiversität, zur Etablierung einer umweltfreundlichen Mitarbeitermobilität oder zur Förderung der Kreislaufwirtschaft.
Die „Zero Impact Factory“-Methodik soll ab 2025 das bisherige KPI-System der Umwelt Entlastung Produktion (UEP) ablösen. Damit erfolgt ein Wechsel von der Steuerung nach rein performanceorientierten und fahrzeugspezifischen Kennzahlen hin zu einer Reduzierung der absoluten Umweltauswirkungen unserer Produktion. Unser Ziel: Bis 2050 streben wir einen „Zero Impact“-Status für alle Standorte zur Fertigung von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen an.
Um unter anderem derartige Programme zu unterstützen, wurde seit Mitte 2019 in allen Produktionsstandorten weltweit ein eigens entwickeltes Managementsystem eingeführt, das die wesentlichen Themen aus dem Bereich Compliance mit denen des Umweltmanagements verknüpft. Dieses Umwelt-Compliance-Managementsystem (UCMS) bildet die Grundlage für die Einhaltung aller externen und internen Vorschriften und Regeln in Bezug auf die Umwelt.
Die UCMS-Umsetzung bezog sich zunächst auf die großen Produktions- und Entwicklungsstandorte. Im zweiten Schritt wurde das Anwendungsgebiet des UCMS auch auf Konzerngesellschaften erweitert, deren Geschäftstätigkeit ein geringeres Umweltrisiko mit sich bringt. Der Ausroll- und Beratungsprozess wurde im Berichtsjahr weiterhin aktiv unterstützt, begleitet und nachverfolgt.
Um Synergien zu heben, fördern wir weltweit die Vernetzung und den Austausch zwischen den Marken. Unsere Umweltexperten treffen sich regelmäßig in Arbeitsgruppen. Außerdem schulen wir Mitarbeiter und Führungskräfte gezielt zum Thema Umweltschutz.
In einem IT-gestützten System erfassen und katalogisieren wir Maßnahmen, die wir für einen konzernweiten Best-Practice-Austausch zur Verfügung stellen. Im Berichtsjahr wurden rund 1.540 umgesetzte Maßnahmen im Bereich Umwelt und Energie über das System Maßnahmen@Web nachverfolgt und dokumentiert. Sie dienen der Verbesserung der Infrastruktur und der Produktionsprozesse von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen und fließen beispielsweise in den Dekarbonisierungsindex (DKI) ein. Diese Aktivitäten können einen positiven Einfluss auf die Umweltindikatoren des Konzerns haben sowie in ökonomischer Hinsicht sinnvoll sein.
Zero Impact Logistics
In der gemeinsamen Initiative „Zero Impact Logistics“ arbeiten die Logistikbereiche von Konzern und Marken daran, die Ziele des Umweltleitbildes goTOzero zu erreichen. Durch die kontinuierliche Optimierung des Transportnetzwerks und der Logistikprozesse können Transporte vermieden und Emissionen reduziert werden – unter anderem mit den Mitteln der Digitalisierung. Darüber hinaus wird der Einsatz neuer, emissionsarmer Technologien im Transport von Produktionsmaterialien und Fahrzeugen geprüft, pilotiert und forciert.
Die vom Volkswagen Konzern ergriffenen Maßnahmen für eine zukünftig bilanziell CO2-neutrale Logistik umfassen beispielsweise auch die Verlagerung von Transporten von der Straße auf die Schiene und die nahezu vollständige CO2-Vermeidung durch den Einsatz von Ökostrom im Schienenverkehr in Deutschland und weiteren Ländern in Zusammenarbeit mit Eisenbahnverkehrsunternehmen. Auch den Transport von Hochvoltbatterien für Elektrofahrzeuge gestaltet Volkswagen beispielsweise am Volkswagen Komponentenstandort Braunschweig umweltbewusst und effizient. Dort werden die Batterien vollautomatisch auf die Züge geladen und anschließend mittels Strom aus erneuerbaren Energien in das Volkswagen Werk Zwickau befördert.
Für den Fahrzeugtransport über den Nordatlantik nutzt die Konzernlogistik zwei mit schadstoffarmem Flüssigerdgas (LNG) betriebene Roll-on-Roll-off-Charterschiffe. Seit Ende 2023 nimmt sie auf dieser Route schrittweise vier weitere Autofrachter mit gleichem Antrieb in Betrieb und löst damit sukzessive konventionell betriebene Schiffe ab. Im Vergleich zu anderen mit LNG betriebenen Schiffsmotoren sind die Charterschiffe der Konzernlogistik klimaschonender, weil durch die Hochdrucktechnologie der Zwei-Takt-Motoren von MAN Energy Solutions nahezu kein Methan entweichen kann. Grundsätzlich ermöglichen die Dual-Fuel-Motoren zudem den zukünftigen Einsatz von nichtfossilen Treibstoffen wie Biogas (Bio-LNG), E-Gas (synthetisches Gas) auf Basis von erneuerbaren Energien oder Biofuel. Dadurch ließen sich die CO2-Emissionen noch weiter reduzieren. Weitere CO2-Reduktionspotenziale sieht die Konzernlogistik langfristig auch bei der Verwendung anderer alternativer Treibstoffe.
Auf europäischen Seerouten betreibt die Konzernlogistik dauerhaft zwei Charterschiffe mit Bio-Treibstoff, der gegenüber herkömmlichen, fossilen Treibstoffen weniger CO2 verursacht. Den Rohstoff dafür bilden alte Speiseöle und Fette. Dabei handelt es sich um Abfälle und Reststoffe, beispielsweise aus Gastronomie und Lebensmittelindustrie, die nicht für die Weiterverarbeitung zu Nahrungs- oder Futtermitteln genutzt werden können.