Geschäftsbericht 2023

Konzernlagebericht

Informationstechnologie (IT)

Der Volkswagen Konzern treibt seine Transformation zum Anbieter nachhaltiger Mobilität weiter voran. Die IT spielt dabei eine immer wichtigere Rolle – sowohl im Fahrzeug als auch innerhalb des Unternehmens sowie bei der Erschließung neuer Geschäftsmodelle.

Digitalisierte Lieferketten, automatisierte und KI-optimierte Fertigungsprozesse, ein datengesteuertes Management der Nachhaltigkeitsziele und ein nahtloses Zusammenspiel aus analogem und digitalem Kundenerlebnis sind Elemente dieser Transformation.

Der Geschäftsbereich „IT“ des Vorstands hat auf Basis einer fundierten Bestandsaufnahme mit der Funktionalbereichsstrategie NEW IT ein Zielbild mit folgenden Fokusthemen entwickelt:

  • Die Aktualisierung, Bereitstellung und stetige Optimierung hochgradig automatisierter Unternehmensprozesse und -systeme durch eine hochleistungsfähige IT-Infrastruktur mit kosteneffizientem Cloud-First-Ansatz, die widerstandsfähig gegen Cyber-Bedrohungen sein und den Datenschutz gewährleisten soll.
  • Die kundenzentrierte Entwicklung von IT-Produkten und digitalen Dienstleistungen soll durch agile Entwicklung stetige Verbesserung und Weiterentwicklung ermöglichen und schneller zu messbarem Geschäftsnutzen führen.
  • Das systematische Nutzen und Bereitstellen von Daten in der gesamten Organisation zur Optimierung von Produkten, Prozessen und der Unternehmensgovernance. Daten sollen künftig – unter Einhaltung der relevanten und jeweils gültigen Datenschutzanforderungen – zum Werttreiber für Innovationen, neue Geschäftsmodelle, eine personalisierte Kundenansprache und bessere Unternehmenssteuerung über alle Marken und Gesellschaften hinweg werden.

Mit der Strategie NEW IT wurde die IT- und Daten-Organisation auf die Anforderungen der kommenden Jahre ausgerichtet. Dabei wird die IT-Strategie konsequent in Sprints mit dem Fokus „Business Impact & Speed“ (Geschäftsnutzen und Geschwindigkeit) vorangetrieben. Durch die Einführung einer neuen agilen Produktorganisation soll die Geschwindigkeit bei der Entwicklung und Bereitstellung von digitalen Produkten deutlich erhöht werden. Hierbei arbeiten IT und Geschäftsbereiche in funktionsübergreifenden Teams agil, kundenzentriert und in kurzen Entwicklungszyklen gemeinsam an neuen digitalen Produkten. Durch die konsequente Modularisierung großer IT–Programme in solche Sprints soll die Komplexität dieser Projekte deutlich reduziert werden. Die Projekte sollen dadurch nicht nur effizienter und schneller umgesetzt werden, sondern auch eher zu Ergebnissen und Geschäftsnutzen führen.

Mit der fachlichen Anbindung der Chief Information Officers (CIOs) der Markengruppen Core, Progressive, Sport Luxury und der Volkswagen Financial Services AG an den Geschäftsbereich „IT“ des Vorstands sollen eine einheitliche, strategische Ausrichtung sichergestellt sowie das Heben von Synergien und die Nutzung von Skaleneffekten weiter vorangetrieben werden. Die systematische Identifizierung und das konzernweite Teilen von in der Praxis bereits erfolgreich umgesetzten Projekten bei einzelnen Marken oder Gesellschaften – sogenannten Best Practices – sorgt für effektiven Wissenstransfer innerhalb des Unternehmens, schont Ressourcen und sorgt für mehr Tempo und Effizienz. Das Schaffen einer markenübergreifenden und somit konzernweiten Transparenz der IT-Kosten ist dabei ein essenzieller Faktor zur Ableitung von strategischen Entscheidungen für die Zukunft. Die Reduzierung der IT-Gremienlandschaft um 50 % sorgt zudem für die Beschleunigung solcher Entscheidungen.

Die Verfügbarkeit der IT-Infrastruktur bei allen Marken und Gesellschaften hat hohe Priorität. Die Bereitstellung von modernen IT-Anwendungen zur digitalen Zusammenarbeit sowie die Ausweitung der Möglichkeiten zur Erledigung dienstlicher Tätigkeiten über mobile Endgeräte sollen die Produktivität nachhaltig verbessern. Aufbauend auf der Einführung von Microsoft 365 wurden im Berichtsjahr noch weitere Funktionen für die einfache, konzernweite digitale Zusammenarbeit implementiert. Weiterhin schafft die ganzheitliche Umsetzung einer konzernweiten Datenstrategie die Möglichkeit, durch datenbasierte Lösungen und künstliche Intelligenz übergreifende Nutzen zu erzeugen. Darüber hinaus sichert der Ausbau von strategischen IT-Partnerschaften sowie der markenübergreifenden Partner- und Ressourcensteuerung externe Kapazitäten.

Software-Entwicklung

Der Geschäftsbereich „IT“ des Vorstands verantwortet die schnelle und bedarfsgerechte Entwicklung von Software- und IT-Lösungen für den Konzern. Die Umsetzung erfolgt unter anderem in den weltweiten Software Development Centern (SDC). Das strategische Ziel besteht darin, den Anteil der Eigenleistungen in Softwareprodukten für kritische Geschäftsprozesse zu sichern und sukzessiv auszuweiten.

Weiterhin stehen die Prozessoptimierung und Definition von Standards bezüglich der Softwareentwicklung im Vordergrund. Dies implizieren unter anderem die internationale und datengetriebene Steuerung der Aktivitäten in den SDC, die strategische Ausrichtung der geschäftskritischen Unternehmenssysteme gemäß der NEW IT Strategie sowie die Sicherung des geistigen Eigentums in Form des Quellcodes von Softwareprodukten.

Nutzung von Digitalisierung und IT-Lösungen

Der digitale Wandel wird durch den Vorstand stetig begleitet und unterstützt. Der Konzern-Vorstandsausschuss Digitale Transformation befasst sich mit der marken- und geschäftsbereichsübergreifenden digitalen Transformation der Unternehmensprozesse. Er steuert das IT-Projektportfolio, fördert den digitalen Kulturwandel sowie Innovationen und Synergien zwischen dem Konzern und den Marken.

Die Digitalisierung im Unternehmen greift Volkswagen unter anderem in seinen konzerneigenen Software Innovation Centern (SIC) auf. Dies sind Innovations- und Kompetenzzentren, die die Anforderungen aus den unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens aufnehmen und mit ihrer Expertise neue Technologien pilotieren, daraus unternehmensrelevante Anwendungsfälle entwickeln und sie für die Organisation produktiv nutzbar machen. Hierbei arbeiten Konzern IT, Forschungseinrichtungen, Bildungseinrichtungen (wie beispielsweise Universitäten), Technologiepartner und Politik eng an Zukunftsthemen der Informationstechnologie zusammen. Die SIC nutzen dabei auch ihr Netzwerk mit Start-ups, um innovative Lösungen an die Bedürfnisse von Volkswagen zu adaptieren. So lassen sich die Erfahrung und die strategische Kompetenz eines großen Unternehmens wie Volkswagen mit dem Pragmatismus, den innovativen Ideen für neue Geschäftsfelder und der Schnelligkeit von jungen Gründerfirmen verbinden.

Hoch spezialisierte Experten im Data:Lab in München und in Wolfsburg beschäftigen sich mit maschinellem Lernen und KI-Lösungen, die großes Potenzial für beispielsweise die Produktion, Logistik und Qualitätssicherung aufweisen können. Ziel ist eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine, um Arbeitsabläufe zu optimieren, Fehler zu minimieren und mögliche repetitive Aufgaben zu automatisieren, damit Kapazitäten für höherwertige Aufgaben freigesetzt werden können. Mittel- und langfristig sollen Kostenersparnisse, die Erhöhung der Produktqualität und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit erzielt werden können.

Im Fokus stehen dabei Innovationsprojekte wie Smart Quality Analytics (SQA) – ein IT-System, das unter anderem zur Digitalisierung der Felddatenanalyse genutzt wird. Für die Qualitätssicherung erfasst und analysiert SQA die Daten der verbundenen Kundenfahrzeuge, unter anderem aus den Steuergeräten sowie Fehlermeldungen aus den Werkstätten. Weitere Projekte befassen sich mit der Optimierung der Reihenfolge einzelner Arbeitsschritte in der Fahrzeugfertigung (zum Beispiel Lackierreihenfolge), um Fertigungszeiten zu reduzieren und Ressourceneinsatz zu verbessern.

Im Bereich des maschinellen Lernens wird an einer intelligenten Steuerung des Energieeinsatzes am Beispiel der Druckluftsteuerung gearbeitet, um nachhaltige Energieeinsparungen und CO2-Reduzierungen zu erzielen. Zudem werden die SDC genutzt, um den Wissenstransfer zu Themen wie Advanced Data Analytics (Prozess zur systematischen Analyse von Daten in elektronischer Form) oder Block Chain (Distributed-Ledger-Technologien) im gesamten Unternehmen umzusetzen, damit diese neuen Technologien konzernweit nutzbar gemacht werden. Im Bereich After Sales wird mit Hilfe von Advanced Data Analytics beispielsweise die Lagerhaltung von Ersatzteilen optimiert. Ebenso werden zahlreiche Bot-Projekte umgesetzt, die Geschäftsabläufe automatisieren (Robotic Process Automation).

Des Weiteren werden Produktionsabläufe durch künstliche Intelligenz und Kamerasysteme unterstützt (Computer Vision). Die Systeme und Anlagen in den Fabriken werden zu einem integrierten Gesamtsystem verbunden. Im Hinblick auf Forschung und Entwicklung bringt die Konzern IT gemeinsam mit den Fachbereichen ebenfalls ihr Know-how ein, beispielsweise in EU-Projekten. So machen digitalisierte Arbeitsinstrumente wie das „virtuelle Konzeptfahrzeug“ den Produktentwicklungsprozess, unter anderem durch den Ersatz physischer Komponenten mit am Computer generierten virtuellen Teilen, schneller, effizienter und kostengünstiger.

IT-Sicherheit

Die globale Absicherung der Daten und Informationen im Volkswagen Konzern ist eine zentrale Aufgabe der IT, die im Geschäftsjahr 2023 mit dem Group-Information-Security-Programm fortgesetzt wurde. Das Programm hat zum Ziel, konzernübergreifende, einheitliche Prozesse und Lösungen zur weiteren Verbesserung der Informationssicherheit zu schaffen. Die Arbeitsergebnisse und Lösungen werden sukzessive innerhalb des Konzerns implementiert. Dabei werden insbesondere Themen in den Fokus genommen, die perspektivisch Informationssicherheitsrisiken für den Konzern darstellen können und die im Rahmen der digitalen Transformationsstrategie des Unternehmens besonders abgesichert werden müssen. Inhalt und Ausrichtung des Programms werden jährlich auf Aktualität überprüft und im Bedarfsfall angepasst.

Als einer der ersten Fahrzeughersteller hat Volkswagen die bestandene TISAX (Trusted Information Security Assessment Exchange)-Bewertung seiner Lieferanten eingefordert und setzt damit ein Zeichen zur unternehmensübergreifenden Informations- und Datensicherheit. TISAX ist ein Zertifikat, dessen Bewertungsverfahren aus der internationalen Industrienorm und den Anforderungen der Automobilwelt vom deutschen Verband der Automobilindustrie abgeleitet wurde. Ziel ist eine sichere Verarbeitung sensibler Daten und Informationen bei unseren Lieferanten.

Aufgabe der Automotive Cyber Security ist die Abwehr von Cyber-Angriffen auf unsere Fahrzeuge im gesamten Produktlebenszyklus sowie auf das digitale Fahrzeug-Ökosystem. Basierend auf den gesetzlichen Anforderungen aus der UNECE (United Nations Economic Commission for Europe)-Regulierung wurden die Konzernrichtlinien im Volkswagen Konzern implementiert. Auf deren Grundlage werden markenspezifische Organisationsrichtlinien unter Berücksichtigung der organisatorischen Gegebenheiten spezifiziert und umgesetzt.

Um unsere Kunden gegen Cyber-Angriffe zu schützen und die Rechtskonformität unserer Lösungen in Bezug auf nationale und internationale Vorschriften umzusetzen, haben wir integrierte marken- und regionsübergreifende Sicherheits-Managementsysteme für Informations- und Cyber-Sicherheit etabliert. Das durch die UNECE-Regulierung 155 geforderte Cyber-Security-Management-System wurde im Jahr 2021 mit der UNECE-CSMS-Zertifizierung und durch jährliche Überwachungs-Audits (zuletzt Mitte 2023) bestätigt. Die Absicherung des kompletten Lebenszyklus unserer Fahrzeuge und digitaler Mobilitätsdienste wird seit 2022 im Regelbetrieb weiterverfolgt.

Wichtige zentrale Prozesse der Informationssicherheit wurden auf Basis der internationalen Norm ISO 27001 auditiert und zertifiziert. Sie ist die wichtigste branchenübergreifende Norm für Informationssicherheit und unsere Grundlage zum Aufbau eines angemessenen Informationssicherheitsmanagementsystems für alle schützenswerten Informationen des Unternehmens. Dieses Informationssicherheitsmanagementsystem wird sukzessive erweitert, jährlich überprüft und in geforderten Abständen rezertifiziert.

Mit Einführung des Datenschutzmanagementsystems und der Datenschutzmanagementorganisation wurden in den vergangenen Jahren die Infrastruktur für die Umsetzung und die nachhaltige Einhaltung datenschutzrechtlicher Anforderungen in der Volkswagen AG etabliert. Die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung der Geschäftsprozesse, neue Gesetzgebungsinitiativen mit Datenschutzrelevanz sowie die starke Erhöhung der Regelungsdichte internationaler Datenschutzgesetzgebung erfordern weiterhin eine hohe Aufmerksamkeit, um eine nachhaltige Einhaltung der Datenschutzanforderungen sicherstellen zu können. Die kontinuierliche Sensibilisierung der Mitarbeiter sowie die weitere Standardisierung und Automatisierung der Prozesse bleiben dabei im Fokus. Zudem werden Compliance-Erfordernisse bereits in die Konzeption von IT-Lösungen und Infrastrukturentscheidungen integriert.